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Transmedia Storytelling oder: Geschichte in Horkruxen

16 Mai 2011
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Im Juli 2010 nahm ich an einer Summer School der Universität Hamburg zum Thema „Medienkonvergenz“ teil.  Ich habe damals für den Blog der Summer School eine kleine Einführung zu dem Thema Transmedia Storytelling verfasst, den ich mir vor kurzem für die Vorbereitung meines Seminars im September 2011 an der Akademie für Publizistik noch einmal angesehen habe:

Transmedia Storytelling bezeichnet das Erzählen einer Geschichte über verschiedene Medienformen. Gemeint ist dabei nicht, dass die gleiche Geschichte inhaltlich gleich, nur in verschiedener Form erzählt wird (wie etwa ein Buch, dass als Hörbuch oder Podcast aufgenommen und veröffentlicht wird), sondern, dass verschiedene Elemente einer Geschichte auf verschiedene Medien verteilt werden und erst im Zusammenspiel dieser Elemente die gesamte Geschichte entsteht.

Die Horkruxe

Die Horkruxe

Die Geschichte wird also wie Lord Voldemorts Seele in „Harry Potter“ in verschiedene Teile aufgespalten, wobei die verschiedenen Medien (Bücher, Comics, Zeitungen, CDs, Computerspiele, Internet, Fernsehen, Kino, Mobile Apps) die „Horkruxe“ darstellen, in denen die Seelenteile gefangen sind. Erst im Kopf und im Herzen des Medienkonsumenten wird die Geschichte ganz.
Die Geschichte „transzendiert“ auf diese Weise das einzelne Medium.
Es wird nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern in der Vorstellung der Nutzer oder Konsumenten eine Welt geschaffen, denn durch die Beiträge aus verschiedenen Medien entsteht eine „Dreidimensionalität“ der Geschichte. Das kann teilweise dazu führen, dass es schwierig wird, zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden. Das Internet macht es besonders leicht, Realität zu simulieren, denn im Netz ist alles Reale nur virtuell.

Das erst fiktive und dann wirkliche Getränk „True Blood“

Ob eine Firmenwebsite z.B. einer wirklichen Firma gehört oder nur einer Getränke-Firma, die etwa in einer bekannten TV-Serie wie „True Blood“ eine Rolle spielt, lässt sich nur überprüfen, wenn man zu der Impressums-Adresse selbst hinfährt. Im Falle der Vampir-Serie „True Blood“ wurde das fiktive Blut-Ersatz-Getränk „True Blood“, dass die Vampire in der Serie trinken, nachträglich als Merchandising-Produkt hergestellt und verkauft. So hatte das Leben dann doch noch die Kunst imitiert.

Entscheidend ist beim Transmedia Storytelling, dass für jedes Element der Geschichte das Medium gefunden wird, das genau dieses Element am besten darstellen kann.

Ein interessantes Beispiel für Transmedia- oder auch Crossmedia-Storytelling ist die schwedische Serie „The Truth about Marika“ schon aus dem Jahr 2007. Diese Verschwörungs-Krimi-Geschichte um das Verschwinden einer jungen Frau wurde über das Fernsehen, das Internet, Mobiltelefone und – was mir besonders gefällt – Schauspieler an verschiedenen Orten in Stockholm und Graffitis und andere Manipulationen der Wirklichkeit in der offline-Welt erzählt.
Henry Jenkins’, der den Begriff „Transmedia Storytelling“ maßgeblich entwickelt hat, hat hierzu einen schönen Einführungsaufsatz in seinem Blog geschrieben.
Einen der ersten spannenden Beiträge zu diesem Thema hat Janet H. Murray in ihrem Buch „Hamlet on the Holodeck – The Future of Narrative in Cyberspace“ (1998) geschrieben.


3 Responses

  • Stephan MayerSeptember 18, 2014 at 04:49 

    Spannend zu beobachten, wie in dem von Ihnen geschilderten Fall Elemente des Storytelling bei „Tru Blood“ aufgegriffen werden. Anhand von dem von Ihnen geschilderten Beispiel wird ziemlich schnell deutlich, dass sich durch Emotionen (Werbe-) Botschaften bei Konsumenten besser einprägen.

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    • MaikeFebruar 13, 2015 at 09:13 

      Hallo Stephan,
      vielen Dank für Deinen Kommentar! Ja, ich finde den Fall „Tru Blood“ auch spannend, weil das Storytelling in der Serie (also im fiktionalen Rahmen) sozusagen in die Wirklichkeit „ausläuft“ :).
      Maike

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  • 5 Tipps, wie Sie mit Storytelling neue Kunden erreichenSeptember 01, 2016 at 07:16 

    […] Transmedia Storytelling oder: Geschichte in Horkruxen […]

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